Einerseits geht es immer wieder um Brainfood, das dem Gehirn wichtige – und vor allem richtige – Nährstoffe bringen soll, um die bestmöglichen Leistungen aus ihm heraus zu kitzeln. Heute wollen wir uns aber mal mit dem genauen Gegenteil beschäftigen: dem Fasten!
Auf den ersten Blick erscheint es ja so, dass unser Gehirn ohne Nahrung nicht funktionieren dürfte. Denn woher sollte der Treibstoff kommen, wenn nicht aus von außen zugeführter Energie, also Nahrung? Natürlich können Menschen nicht auf Dauer fasten. Aber ein vorübergehender Verzicht kann – genau wie eine gesunde Ernährungsweise – einige Vorteile mit sich bringen. Unser Stoffwechsel gerät auf Sparflamme, die eine reinigende Wirkung haben kann. Denn durch die Stoffwechselveränderung werden Regenerierungsprozesse in Gang gesetzt und eine antidepressive Wirkung tritt ein. Vielleicht könnte Fasten sogar eine präventive Wirkung auf den Ausbruch einer Demenzerkrankung haben.
Zumindest in der Tierwelt scheint das Modell des Fastens bereits seit unzähligen Jahren zu funktionieren. Denken Sie z. B. an den Königspinguin. Fast die Hälfte des Jahres verzichtet er lebensweltbedingt komplett auf Nahrung. In dieser Zeit lebt sein Körper von den angefressenen Fettpolstern – und das bei -60° Celsius. So schlecht kann Fasten ja also nicht sein, oder?
Ich möchte Ihnen in diesem Artikel drei zentrale Thesen vorstellen, die die Vorteile einer regelmäßigen Fastenkur unterstreichen.
These 1: Was viele machen, kann nicht so falsch sein!
Unzählige Menschen entscheiden sich in regelmäßigen Abständen für das Fasten. Manche aus religiösen Gründen, manche aus gesundheitlichen. Andere wiederum wollen einfach ihren Körper entgiften. Und unserem Königspinguin schadet die fünfmonatige Fastenzeit ja auch nicht. Auch in der Natur sind Zeiten von Fülle und Mangel eingerichtet. Im Winter wachsen kein Gemüse und kein Getreide und auch keine Kartoffeln. Irgendwas wird sich Mutter Natur schon dabei gedacht haben, oder? Dass Fasten gesund ist, wusste schon Paracelsus (Arzt und Philosoph) vor hunderten von Jahren. Und was dem Körper gut tut, kann für das Gehirn ja nicht schlecht sein. Schließlich ist es auch ein Teil unseres Körpers.
Wie Zucker und Co im Körper wirken
Aber wie sieht es mit einer wissenschaftlichen Erklärung aus? Ich können Ihnen ja schließlich hier auch einen absoluten Bären aufbinden… Fest steht, dass wir in einem absoluten Überschuss leben. Nahrung ist immer vorhanden und wir müssen nicht viel tun, um sie zu erhalten. Wir gehen in den nächsten Supermarkt und kaufen Produkte, denen unnötiger Zucker und unnötiges Fett zugesetzt sind – und das auch noch in rauen Mengen. Viele Volkskrankheiten kommen ja nicht von ungefähr. Diabetes, Übergewicht und zugelagerte Arterien, die zu Herzinfarkten oder Schlaganfällen führen. Sehr oft ist dafür eine ungesunde Ernährung – und davon zu viel – verantwortlich. Nach drei Tagen Fasten stellen sich der Körper und der Stoffwechsel auf den Mangel an Lebensmitteln ein und bei etwa zwei Drittel aller „Faster“ steigt die Stimmung.
Das führt zu Aktivität. Für den Körper und den Geist! Auch das ist biologisch zu erklären. Unsere Leber speichert überschüssigen Zucker (Glykogen) quasi ein, solange wir im Überschuss leben. Dieser wird etwa nach 24 Stunden des Fastens abgebaut. Im Gehirn entsteht dann sozusagen ein Zucker-Entzug und der Körper muss sich anderweitig helfen. Zucker wird dann aus anderen Quellen hergestellt, Energie wird aus den gespeicherten Körperfetten gewonnen. Bei gesunden Menschen ist so ein Nahrungsverzicht für einen Zeitraum von bis zu 30 Tagen durchaus möglich und gesundheitlich unbedenklich. Nach der Umstellung des Gehirnstoffwechsels folgen durch entsprechende Botenstoffe auch der Verdauungstrakt, das Herz-Kreislauf-System sowie die Blutgefäße, sodass alles im Körper darauf ausgerichtet ist, ohne Nahrung zu funktionieren.
These 2: Fasten ist gesund & senkt das Risiko für Depressionen!
Durch den veränderten Stoffwechsel beim Fasten werden schädliche Substanzen im Körper abgebaut, wie z. B. Entzündungsmarker. Nerven hingegen beginnen (wieder) zu wachsen. Durch die Veränderungen im Gehirn kommt es zum Aufbau von euphorischen Glücksgefühlen, was wiederum das Risiko von Depressionen verringert. Klingt doch alles ganz gut, oder? Die Ausschüttung von Glückshormonen beim Fasten ließ sich evolutionstechnisch auch gar nicht anders lösen. Denken Sie mal an die Steinzeitmenschen.
Dort war das Nahrungsangebot alles andere als regelmäßig. Hätte der Körper nach ein paar Tagen ohne Nahrung einfach kapituliert, wäre die Rasse Mensch wohl schon ausgestorben. Durch die Euphorie beim Hungern konnten die Höhlenmenschen aktiv bleiben, auf Nahrungssuche gehen und somit ihr Überleben sichern. Natürlich gibt es auch hierfür medizinische Erklärungen, die jedoch an dieser Stelle zu weit führen würden.
Was ist aber nun genau so gesund am Fasten?
Und wie genau ist unser Gehirn daran beteiligt? Bei den neuronalen Veränderungen, die beim Fasten schon nach kurzer Zeit eintreten, sind vor allem vier Hirnregionen beteiligt: Hippocampus, Striatum, Hypothalamus und Hirnstamm. Im Hippocampus sitzt unser Gedächtnis, im Striatum werden die Körperbewegungen, im Hypothalamus die Nahrungsaufnahme und die Körpertemperatur kontrolliert. Der Hirnstamm ist zuständig für die Kontrolle des Verdauungs- und Herz-Kreislauf-Systems. Wie bereits beschrieben, folgen dann auch andere Organe mit Veränderungen, damit der gesamte Organismus ohne Nahrung funktionieren kann (Nervensystem, Verdauungssystem, Herz-Kreislauf-System).
Die Leber- und Muskelzelle werden empfindlicher, was Insulin betrifft, welches ein Hormon zur Regulierung des Blutzuckerspiegels ist. Entzündliche Vorgänge im Gehirn werden ebenfalls beseitigt. Und im Gehirn werden durch den Verzicht auf Nahrung noch weitere positive Vorgänge gestartet: Nervenwachstumsfaktoren werden vermehrt produziert, mehr neue Nervenzellen werden gebildet (inklusive neuer Verknüpfungen) und die Resistenz gegen oxidativen Stress wird erhöht. Na wenn das alles nicht gesund ist, was dann?
These 3: Fasten kann Demenz vorbeugen!
Leider ist es bisher nur in Tierversuchen belegt worden: durch den Verzicht auf Nahrung werden die biologischen Abbauprozesse im Gehirn, die bei Menschen etwa mit Erreichen des 20. Lebensjahres beginnen, aufgehalten. Dies deutet darauf hin, dass neurodegenerative Erkrankungen wie Demenz durch Fasten verhindert oder zumindest gelindert werden könnten.
Erfolge aus den Tierversuchen
In den Tierversuchen lebten Mäuse zunächst mit einem andauernd überschüssigen Nahrungsangebot. Der Napf war immer gefüllt. Die Mäuse wurden träge und waren immer weniger aktiv. Als ihnen dann Nahrung entzogen wurde, blieben sie gesünder und lebten länger als ihre „überfüllten“ Artgenossen. Die fastenden Tiere hatten einen stabileren Zuckerstoffwechsel und niedrigere Entzündungsmarker. Aus diesen Experimenten leiten die Wissenschaftler zwei zentrale Ergebnisse ab:
- Schädliche Abläufe, die z. B. durch einen dauerhaft erhöhten Blutzuckerspiegel resultieren, werden verringert, was sich positiv auf das Nervenzellwachstum auswirkt.
- Durch den Verzicht auf Nahrung gerät der gesamte Organismus zunächst in Stress. Daraus entsteht dann aber z. B. eine vermehrte Produktion von bestimmten Enzymen, die bspw. in der Lage sind, die DNA zu reparieren.
Doch lassen sich diese Ergebnisse nun auch auf den Menschen übertragen? Nicht ganz, denn wir Menschen unterscheiden und nun doch sehr deutlich von Mäusen. So sind die Abbauprozesse im Gehirn von Mäusen wesentlich stärker ausgeprägt als bei uns Menschen und einige Stoffwechselvorgänge unterscheiden sich auch enorm. Auch wenn die Ergebnisse aus den Tierversuchen vielversprechend sind, was die positiven Auswirkungen des Fastens auf das Gehirn angeht, wird die Welt der Wissenschaft nicht darum herum kommen, diese Effekte auch beim Menschen zu untersuchen. Hier müssen Studien durchgeführt werden, die Hirnvolumen, synaptische Plastizität, Hirnleistung und Hirnflüssigkeit analysieren. Und zwar vor, während und nach einer Fastenkur.
Trotzdem ist es in wissenschaftlichen Kreisen unbestritten, dass das Fasten einen positiven Einfluss auf unseren Körper, also auch unser Gehirn hat. Oder haben Sie schon mal davon gehört, dass ein Königspinguin an Diabetes oder Demenz erkrankt ist? Wohl eher nicht. Auch in einigen Völkern, die im Einklang mit der Natur leben, sind diese Erkrankungen bisher nicht aufgetreten.
Was gehört zum gesunden Fasten?
Geraten wird immer eine Begleitung durch erfahrene Experten (Ärzte oder Ernährungsberater). Außerdem sollte jeder Fastenwillige für sich die passende Form des Fastens herausfinden. Während bei den einen Formen die Ernährung nur aus Gemüsesäften und Tees besteht, setzen andere Formen auf intervallhaftes Verzichten auf Nahrung (z. B. fünf Tage normal essen und zwei Tage fasten). Also, es liegt an Ihnen, Ihren persönlichen Weg zu finden und ihn auch zu gehen.